Dankbarkeit und Wertschätzung jeden Tag

Ich gehe am Strand von Maspalomas entlang. Welcher Genuss, barfuß in den weichen Sand einzutauchen und die Zehen, umspült von der nächsten Welle, biegsam abrollen zu können, um auch den nächsten Schritt mit elastischer, kraftvoller Fußsohle, dynamisch und vital wahrzunehmen.

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Ich erlebe meinen Körper ganz bewusst als das Bewegungswunder, das er ist. Lebendig spüre ich jeden Muskel entlang der Wirbelsäule. Meine Bauchmuskulatur stützt mich, wie ein kraftvoll dynamisches Korsett. Die Arme schwingen mit einem lockeren und freien Gefühl in den Schultergelenken.

Der Wind um meinen Nacken, die Luft auf meiner Haut, den Salzgeschmack des Meeres auf meiner Zunge…ein perfektes Festmahl für die Sinne.

In mir ist bei jedem Schritt pure Dankbarkeit und Freude für diese Art des Er-Lebens.

Dieses Wundersystem Körper trägt und erträgt mich immer noch so selbstverständlich über all die langen Jahre meines Lebens. Es ist ein erhebendes Gefühl, mich heute so spüren und wahrnehmen zu können.

Diese Momente, ganz alleine mit mir, sind inzwischen sehr wichtig geworden. Es ist die Zeit, in der ich in mir die Gedanken, Gefühle, Emotionen und aktuelle Situationen immer wieder in das rechte Licht rücken kann. Ich habe verstanden, dass tiefes Glück, Zufriedenheit, Freude und ein Gefühl von Freiheit und Leichtigkeit nicht automatisch und von alleine kommen. Aber ich weiß, was zu tun ist, damit sie täglich meine regelmäßigen Begleiter sind.

Heute weiß ich einfach, dass ich mir diese sinnlichen Empfindungen und Momente tiefsten Friedens an jedem nächsten Tag gönnen und in mein Leben holen will. Dann ist es egal, ob mir der Tagesverlauf eine Pause ermöglicht. Vielleicht ist es wirklich ein intensiver Augenblick während eines Spaziergangs querfeldein über eine Wiese, an einem Fluss oder See, in den Bergen oder in einen Wald den ich mir wirklich gönnen kann. Aber ich spüre diese Gefühle ebenso einfach lang ausgestreckt auf dem Teppich in meiner Wohnung. Ich erlebe sie während ich einkaufe, das Essen zubereite, während meiner Arbeit oder auf einer Autofahrt.

Das Gefühl, ganz von meinem Körper, meinen Gedanken und meinen Empfindungen getragen zu sein, ist mittlerweile nahezu immer da. Auch während ich anderen Menschen begegne und mit meiner Familie und Freunden Zeit verbringe.

Das war nicht immer so!

Schmerzen waren und sind ständige Begleiter in meinem Leben. So viele Jahre habe ich damit verbracht, damit zu hadern und gegen sie anzukämpfen. Unzählige Ärzte, Heilpraktiker, Alternativmediziner, Osteopathen, Physiotherapeuten und Krankengymnasten haben mir seit meinem 18. Lebensjahr die unterschiedlichsten Diagnosen, Prognosen und die nächste ultimative Behandlung gegeben.

Heute bin ich für all diese Erfahrungen und Begegnungen dankbar.

Heute weiß ich, dass es nie nur die Hilfe von außen gehen kann. Ganz viel hängt ab von uns selbst, von unserer ganz speziellen Persönlichkeit und unserer individuellen Art, unser Leben und unsere Probleme zu sehen und zu bewerten.

Ganz klar gibt es solche und solche Tage.

Aber wir haben die Möglichkeit unseren Blickwinkel auf die Dinge zu verändern. Heute gibt mir mein schmerzhafter Rücken den Hinweis, dass ich wieder einmal völlig übertrieben habe, in meinem Anspruch perfekt sein zu wollen und so viele Dinge möglichst gleichzeitig erledigen zu wollen. Es kann auch daran liegen, dass ich mich während des Sports überfordert habe oder viel zu lange am Schreibtisch gesessen habe oder gerade in einem Konflikt stecke, der mir manch unruhige Nächte beschert. Niemand kann diese Ursachen besser herausfinden können, als wir selbst, wenn wir nur ein wenig bereit sind Forschergeist zu entwickeln.

Statt gegen das anzukämpfen was ohnehin schon da ist, macht es Sinn die Dinge zu integrieren und gleichzeitig das kleine Glück und die innere Freude nicht aus den Augen zu lassen.

Manches Mal erkenne ich auch nicht sofort, woran es liegt. Wieso musste ich gerade jetzt am frühen Morgen und auch noch im allergrößten Überschwang der Länge nach auf den Bürgersteig „knallen“? Ganz klar, die Gedanken waren auf alle Fälle schon bei meinem Kurs und ich genau die paar Minuten zu spät dran, dass ich mich sputen muss und nicht auf meine Füße auf dem unebenen Gehsteig geachtet habe. So komme ich mit zwei aufgeschlagenen Händen und einem blutunterlaufenen Knie schmerzhaft humpelnd in meinem Yoga-Kurs an.

Gleichzeitig muss ich über dieses Missgeschick auch ein wenig lächeln. Wie oft habe ich mir vorgenommen, fünf Minuten früher aus dem Haus zu gehen, um nicht ganz so sehr in Eile zu kommen, wenn es keinen Parkplatz mehr vor der Türe gibt. Tja manche Höhenflüge werden im wahrsten Sinne des Wortes mit einer Bauchlandung quittiert.

Aus der aktuellen Not geboren unterrichtete ich anschließend mit dem wohlwollenden Einverständnis meiner Kursteilnehmer die 90 Minuten komplett in der Rückenlage. Stehen wäre aktuell einfach nur schmerzhaft. Auch kann ich weder mit den verletzten Händen am Boden stützen, noch hinknien. Am Ende sind alle von dieser spontan aus der Not geborenen Stunde sogar vollkommen angetan und begeistert.

Und ich selbst bin ebenso fassungslos und gleichsam tief ergriffen. Mein Körper hat mir erlaubt, trotz des akuten Handicaps so vieles an Bewegungen vollkommen schmerzfrei, leicht, geschmeidig und kraftvoll auszuführen. Er hat mir in diesen anderthalb Stunden wundervolle, glückliche und zufriedene Augenblicke mit meinen verständnisvollen Kursteilnehmern gegönnt. Anschließend verarzte ich ihn liebevoll und entschuldige mich bei ihm für meine Unachtsamkeit. Während in den nächsten Tagen die Muskeln ziemlich jammern und die Krusten allmählich heilen, vertraue ich ihm völlig. Er weiß ganz genau, wie das alles zu reparieren ist.

Deshalb schenke ich ihm inzwischen Dankbarkeit und Wertschätzung für all das – Jeden Tag!